1. Insolvenzverfahren des Mieters und Begleichung der Forderungen des Vermieters
2. Aufhebung der gerichtlichen Liquidation und Unterbrechung der Verjährungsfrist durch Einreichung einer Klage
3. Fehlerhafte Angabe in der im BODACC veröffentlichten Urteilsbekanntmachung
4. Dauerhaftigkeit der Einrede der Nichtigkeit
5. Aufrechnung von Forderungen
6. Abtretung von Kapitalanteilen
7. Eingriff einer Muttergesellschaft in ihre Tochtergesellschaft
8. Haustürgeschäfte
9. Mehrfachverpflichtungen und Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit von Bürgschaften
 
1. Insolvenzverfahren des Mieters und Begleichung der Forderungen des Vermieters 
Beschluss vom 2. Dezember 2014 (Nr. 13-11.059) FS-PB:
Vor der Einleitung des Insolvenzverfahrens am 11. Juni 2009 kündigte der Mieter der als Schule genutzten Räumlichkeiten seinem Vermieter zum 31. Juli desselben Jahres. 2009 endgültig geräumt worden waren , verklagte der Vermieter den Mieter auf Schadensersatz, unter anderem auf Entschädigung für den durch die Unmöglichkeit der Neuvermietung vor Beginn des folgenden Schuljahres entstandenen Verlust sowie auf Erstattung der Kosten für die notwendigen Reparaturen.
Das Berufungsgericht wies die Klage ab, woraufhin der Vermieter Revision beim Kassationsgerichtshof einlegte und unter anderem die Anwendung der Zahlungsbedingungen für Schulden beantragte, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind.
Der Kassationsgerichtshof wies die Revision zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Forderung des Vermieters bezüglich der Instandsetzungsarbeiten nur dann eine Gegenleistung für eine dem Schuldner während der Beobachtungsfrist erbrachte Leistung im Sinne von Artikel L. 622-17 des Handelsgesetzbuches darstelle, wenn die ihm vorgeworfenen Schäden während dieser Frist entstanden seien und nicht, wie vom Vermieter argumentiert, weil die Räumlichkeiten erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückgegeben worden seien. Das Gericht stellte ferner fest, dass dem Vermieter vom 11. Juni bis zum 1. November 2009 für die dem Schuldner in diesem Zeitraum erbrachten Leistungen die fällige Miete sowie nach Beendigung des Mietvertrags am 31. Juli 2009 eine Nutzungsentschädigung gezahlt worden war. Folglich kam das Berufungsgericht zu Recht zu dem Schluss, dass der geltend gemachte Schadensersatz für den dem Vermieter entgangenen Gewinn aus der Möglichkeit der sofortigen Neuvermietung der Räumlichkeiten nicht als Gegenleistung für dem Schuldner erbrachte Leistungen anzusehen war.
 
2. Aufhebung der gerichtlichen Liquidation und unterbrechende Wirkung der Forderungsanmeldung
. 27. Januar 2015 (Nr. 13-20.463) FS-PB:
Ein Schuldner in gerichtlicher Liquidation berief sich auf die Verjährung einer Forderung aus einem Darlehen mit Fälligkeit am 30. Juni 1989, das im Rahmen eines Liquidationsverfahrens festgestellt, später aufgehoben und am 30. März 2011 in einem zweiten gerichtlichen Liquidationsverfahren erneut festgestellt worden war.
Der Kassationsgerichtshof wies das auf die Verjährung gestützte Argument mit der Begründung zurück , dass „die Entscheidung, die die Eröffnung des gerichtlichen Liquidationsverfahrens aufhebt, der Klage ihre verjährungshemmende Wirkung nicht entzieht, da diese bis zu dieser Entscheidung andauert .“
 
3. Fehlerhafte Angabe in der im BODACC (Amtsblatt für Zivil- und Handelsbekanntmachungen) veröffentlichten Urteilsbekanntmachung
. 27. Januar 2015 (Nr. 13-24.619) FS-PB:
Laut der Handelskammer des Kassationsgerichtshofs ist zwar nicht vorgeschrieben, dass die im BODACC (Amtsblatt für Zivil- und Handelsbekanntmachungen) veröffentlichte Bekanntmachung des Urteils zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens das im Urteil festgelegte Datum des Zahlungsstopps enthalten muss, die Angabe dieses Datums in der Veröffentlichung muss jedoch korrekt sein.
Folglich konnte die Mitteilung, die in diesem Fall einen Fehler hinsichtlich des Zahlungseinstellungsdatums enthielt und somit die damalige Drittwiderspruchserhebung des Gläubigers gegen das Zahlungseinstellungsdatum sinnlos machte, die Frist für diese Berufung nicht auslösen.
 
4. Aufrechnung von Forderungen
. 27. Januar 2015 (Nr. 13-18.656) F-PB:
Zur Zurückweisung eines Aufrechnungsanspruchs führt das Urteil des Berufungsgerichts aus, dass eine Aufrechnung ausgeschlossen ist, wenn die Forderung des Schuldners auf einer missbräuchlichen Vertragserfüllung durch den Gläubiger beruht. Dies war hier der Fall; das Urteil, das in diesem Punkt rechtskräftig wurde, stellte ausdrücklich fest, dass das Verschulden des Gläubigers unter anderem auf der Abrechnung von Lizenzgebühren zu einem überhöhten Satz beruhte, der in keinem Verhältnis zu Art und Umfang der erbrachten Leistungen stand.
Der Kassationsgerichtshof hob das Urteil mit der Begründung auf, dass das Berufungsgericht durch seine Entscheidung, einen Anspruch aus überhöhter Rechnungsstellung aufgrund mangelhafter Vertragserfüllung mit einem Anspruch aus demselben Vertrag in Zusammenhang zu stellen, gegen die Artikel 1134 und 1147 des Bürgerlichen Gesetzbuches und Artikel L. 621-24 des Handelsgesetzbuches in der Fassung vor dem Gesetz vom 26. Juli 2005 zum Schutz von Unternehmen verstoßen habe.
 
5. Dauerhaftigkeit der Einrede der Nichtigkeit,
1. Zivilgerichtshof vom 15. Januar 2015 (Nr. 13-25.512) F-PB:
Der Kassationsgerichtshof bekräftigt hiermit, dass die Einrede der Nichtigkeit nur zur Abwehr eines Anspruchs auf Erfüllung einer noch nicht erbrachten Rechtsleistung geltend gemacht werden kann.
 
6. Übertragung von Anteilen,
Com. 3. Februar 2015 (Nr. 13-12.483) F-PB:
In diesem Fall wies das Berufungsgericht den Antrag auf Nichtigerklärung einer Aktienübertragung wegen Betrugs aufgrund einer bestehenden Vermögensgarantie zurück.
Der Kassationsgerichtshof hob das Urteil auf. Nach Ansicht des Gerichts ergänzen vertragliche Garantien bezüglich der Zusammensetzung des Vermögens oder der Verbindlichkeiten des Unternehmens die gesetzlichen Bestimmungen und entziehen dem Aktienkäufer, der die Unwirksamkeit seiner Zustimmung geltend macht, nicht das Recht, die Nichtigerklärung des Rechtsgeschäfts auf Grundlage dieser Bestimmungen zu beantragen. Folglich konnte die Abweisung des Antrags nicht allein mit dem Bestehen einer Vermögensgarantie begründet werden.
 
7. Eingriff einer Muttergesellschaft in ihre Tochtergesellschaft
. 3. Februar 2015 (Nr. 13-24.895) F-PB:
Wegen Nichtzahlung durch einen Vertragspartner klagte ein Unternehmen gegen eine Holdinggesellschaft innerhalb desselben Konzerns auf Zahlung. Das Berufungsgericht gab der Klage statt und verurteilte die Holdinggesellschaft zur Zahlung eines bestimmten Betrags.
Die Holdinggesellschaft legte gegen dieses Urteil Berufung beim Kassationsgericht ein. Zur Begründung ihrer Berufung berief sie sich auf den Grundsatz der juristischen Selbstständigkeit, wonach ein Unternehmen nicht für die Schulden eines anderen Unternehmens innerhalb desselben Konzerns haften kann.
Das Kassationsgericht wies die Berufung mit der Begründung zurück, dass mehrere Faktoren den Anschein erweckt hätten, der Gläubiger handle anstelle seiner Tochtergesellschaft. So hatte das Berufungsgericht zum einen festgestellt, dass die Holdinggesellschaft, die die Kapitalmehrheit des Vertragspartners hielt, eine ähnliche E-Mail-Adresse, dieselbe Anschrift und denselben Geschäftsführer wie der Schuldner besaß. Zum anderen hatte die Holdinggesellschaft im vorprozessualen Verfahren mehrfach interveniert, um die Höhe der Forderung zu verhandeln, insbesondere einen niedrigeren Betrag auf der Grundlage von Rabatten aus früheren Aufträgen vorgeschlagen und versucht, eine gütliche Einigung zu erzielen.
 
8. Haustürgeschäfte,
1. Zivilkammer, 4. Februar 2015 (Nr. 14-11.002) F-PB:
In diesem Fall erhielt der Kläger ein Schreiben an seine Wohnadresse, in dem ihm unter Zusicherung von Geschenken die Lieferung eines Neuwagens versprochen wurde. Im Anschluss an diesen Briefwechsel begab er sich zum Firmensitz, um einen Leasingvertrag für einen Neuwagen mit Kaufoption abzuschließen. Er erhob Klage gegen den Verkäufer wegen unlauterer Verkaufspraktiken auf Nichtigerklärung des Vertrags.
Der Kassationsgerichtshof hob das Urteil des Berufungsgerichts auf, welches geurteilt hatte, der Leasingvertrag sei an einem Ort abgeschlossen worden, der für Marketingzwecke bestimmt sei, und dem Kläger somit den Schutz verweigert habe, der Verträgen aus Haustürgeschäften zusteht.
 
9. Mehrfachverpflichtungen und Beurteilung unverhältnismäßiger Bürgschaften,
1. Januar 2015 (Nr. 13-23.489) F-PB:
Das Berufungsgericht wies die Rüge der offensichtlichen Unverhältnismäßigkeit der Bürgschaftsverpflichtungen mit der Begründung zurück, die Schulden des Bürgen bestünden aus Hypothekendarlehen.
Der Kassationsgerichtshof hob diese Entscheidung auf, da die Unverhältnismäßigkeit im Lichte der Gesamtverschuldung des Bürgen, einschließlich derjenigen aus Bürgschaftsverpflichtungen, zu beurteilen sei.