Dem Schuldner steht das ihm innewohnende Recht zu, Rechtsmittel einzulegen

Mitteilung vom 8. September 2015 (Nr. 14-14.192) F-PB:

Ein Unternehmen und sein Geschäftsführer, die aufgrund mangelhafter Vertragserfüllung zur Zahlung verschiedener Beträge verurteilt worden waren, legten zehn Tage vor der Liquidation des Unternehmens Berufung gegen das Urteil ein. Der von den Beklagten bestellte Liquidator erklärte, er könne aufgrund fehlender Mittel nicht im Namen des Unternehmens auftreten. Die Kläger fochten daraufhin die Entscheidung des Berufungsgerichts an, ihre Klagen gegen das Unternehmen und dessen Vertreter abgewiesen zu haben.
Der Kassationsgerichtshof wies die Berufung zurück. Laut Gericht ergibt sich aus Artikel L. 641-9 I des französischen Handelsgesetzbuchs, dass ein Schuldner, gegen den am Tag des Liquidationsurteils ein Verfahren zur Zahlung eines Geldbetrags aus einem vor dem Liquidationsurteil entstandenen Grund anhängig ist, die ihm zur Verfügung stehenden Rechtsmittel gegen die Entscheidung über die Zahlungsforderung einlegen kann.

Vertrag nichtig – Unmöglichkeit der Rückerstattung

3. 2015 (Nr. 14-11.582) FS-PB:

Eine Gemeinde hatte einem Immobilienunternehmen (SCI) einen Mietkaufvertrag gewährt. Wegen angeblicher Mietrückstände erwirkte die Gemeinde ein summarisches Urteil, das den Mietvertrag aufgrund des Verschuldens des SCI für beendet erklärte und dieses zur Zahlung eines Vorschusses auf die ausstehende Miete sowie einer monatlichen Nutzungsentschädigung bis zur Räumung des Mietobjekts verpflichtete. Das SCI klagte daraufhin gegen die Gemeinde auf Nichtigerklärung des Mietkaufvertrags und auf Rückerstattung der gezahlten Miete. Es argumentierte, der Bürgermeister sei vom Gemeinderat nicht zur Unterzeichnung eines solchen Vertrags bevollmächtigt gewesen. Alternativ beantragte die Gemeinde zudem die Zahlung einer Nutzungsentschädigung für den Zeitraum vor der Beendigung des Mietvertrags.
Das Berufungsgericht wies den Antrag der Gemeinde auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung für den Zeitraum vor der Beendigung des Mietvertrags zurück, da der Gemeinde durch die Rückgabe des Mietobjekts kein finanzieller Schaden entstanden sei.
Der Kassationsgerichtshof hebt das Berufungsurteil auf und stellt klar, dass im Falle der Erfüllung eines nichtigen Vertrags die Parteien in den Zustand vor der Vertragserfüllung zurückversetzt werden müssen und dass, wenn sich diese Wiederherstellung als unmöglich erweist, die Partei, die von einer Leistung profitiert hat, die sie nicht zurückgeben kann, wie beispielsweise die Nutzung einer Mietimmobilie, eine Nutzungsentschädigung zahlen muss.

Übliche Strafe und Strafklausel

2. 2015 (Nr. 14-20.431) F-PB:

Die Verkäufer eines Grundstücks verpflichteten sich per notarieller Urkunde zur Entfernung eines auf öffentlichem Grund aufgestellten Pflanzkübels gegen Zahlung einer täglichen Vertragsstrafe. Ein Vollstreckungsrichter wies jedoch den Antrag des Käufers auf Durchsetzung der Vertragsstrafe ab. Nachdem der Käufer gemäß der notariellen Urkunde eine Pfändung und Versteigerung sowie zwei Pfändungsbeschlüsse zur Eintreibung der vereinbarten Summe erwirkt hatte, legten die Verkäufer Berufung bei einem Vollstreckungsrichter ein. Dieser wies ihren Antrag auf Aufhebung der Pfändungs- und Versteigerungsanordnung, Aufhebung der beiden Pfändungsbeschlüsse und Erlass der Vertragsstrafe zurück.
Zur Aufhebung der Pfändungs- und Versteigerungsanordnung und zur Anordnung der Freigabe der beiden Pfändungsbeschlüsse urteilten die Richter der Vorinstanz, dass keine Vertragsstrafe vor ihrer Vollstreckung ein Vollstreckungsverfahren auslösen könne, unabhängig davon, ob die Vertragsstrafe gerichtlich angeordnet oder von den Parteien in einer Urkunde zur Sicherstellung der Erfüllung einer Verpflichtung vereinbart worden sei. Der Kassationsgerichtshof bekräftigt
zunächst, dass der Richter den strittigen Tatsachen und Handlungen die korrekte rechtliche Einordnung geben oder wiederherstellen muss, ohne an die von den Parteien vorgenommene Bezeichnung gebunden zu sein. Folglich oblag es dem Berufungsgericht, die strittige Klausel, bei der es sich in diesem Fall um eine Strafklausel handelte, einzuordnen und zu bewerten.

Unteilbarkeit

1. 2015 (Nr. 14-13.658 und Nr. 14-17.772) FS-PBI:

Die beiden hier vorgelegten Urteile betreffen ähnliche Sachverhalte. In beiden Fällen legte eine Bank beim Kassationsgericht Berufung gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts ein, mit der ein Vertrag über den Verkauf und die Installation einer Windkraftanlage sowie der zur Finanzierung dieses Kaufs gewährte Darlehensvertrag für nichtig erklärt worden waren.
Das Kassationsgericht wies beide Berufungen zurück. In seinem ersten Urteil stellte es fest, dass das Berufungsgericht entschieden hatte, dass das Darlehensangebot mit dem Hauptvertrag verknüpft und vom Verkäufer erfüllt worden war und dass der Darlehensgeber die geliehenen Mittel an den Verkäufer freigegeben hatte. Damit sei die vertragliche Unteilbarkeit des Kauf- und des Darlehensvertrags im Sinne von Artikel 1218 des Bürgerlichen Gesetzbuches begründet.
Im zweiten Urteil stellte der Gerichtshof fest, dass die Richter der Vorinstanz die Unteilbarkeit der streitgegenständlichen Verträge nachgewiesen hatten, indem sie erstens argumentierten, dass der Darlehensvertrag dem Kaufvertrag untergeordnet sei, und zweitens, dass der Darlehensnehmer die Erfüllung des Hauptvertrags bestätigt hatte, um die Freigabe der Gelder durch den Darlehensgeber zu erwirken, der diese dem Verkäufer zur Verfügung gestellt hatte. Folglich führte die Beendigung des Hauptvertrags zur Nichtigkeit des Nebenvertrags.

Bedingungen für die Beteiligung an Entscheidungen innerhalb einer immobilienrechtlichen Gesellschaft

3. 2015 (Nr. 13-27.248) FS-PB:

Der Kassationsgerichtshof bekräftigt, dass gemäß Artikel 1844 des Bürgerlichen Gesetzbuches nur Aktionäre das Recht haben, an den kollektiven Entscheidungen der Gesellschaft teilzunehmen.
Somit bestätigt der Gerichtshof das Urteil des Berufungsgerichts, das eine Hauptversammlung für nichtig erklärt hatte, an der die Erben eines verstorbenen Aktionärs teilgenommen hatten und in der sie an der Bestellung des Geschäftsführers mitwirkten, obwohl sie weder ein Zustimmungsrecht noch den Status von Aktionären beanspruchen konnten.

Missbrauch der Mehrheit

3. 2015 (Nr. 13-14.348) FS-PB:

Ein Minderheitsaktionär einer französischen Immobiliengesellschaft (SCI) klagte gegen den Mehrheitsaktionär mit dem Ziel, mehrere Beschlüsse der Hauptversammlung für nichtig erklären zu lassen. Die SCI, ursprünglich zum Erwerb und Betrieb eines Gebäudes gegründet, hatte zwei Drittel ihrer Anteile an ein anderes Unternehmen veräußert. Im Anschluss an diese Neuveräußerung wurde eine Kapitalerhöhung beschlossen und vom Mehrheitsaktionär vollständig gezeichnet. Der Unternehmenszweck wurde geändert, und alle Gewinne aus zwei Geschäftsjahren wurden den Rücklagen zugeführt.
Das Berufungsgericht kam zu dem Schluss, dass die gesetzlichen Bestimmungen, die für Satzungsänderungen eine qualifizierte Mehrheit vorschreiben, verletzt worden seien, und erklärte die Änderungen daher für nichtig.
Der Kassationsgerichtshof bestätigte das Urteil der Vorinstanz und urteilte, dass der in Artikel 1836 des französischen Zivilgesetzbuches festgelegte Grundsatz der Einstimmigkeit für Satzungsänderungen, sofern nichts anderes vereinbart ist, unter die zwingenden Bestimmungen des in Artikel 1844-10 desselben Gesetzbuches genannten Abschnitts fällt.