1. Auswirkungen der Schlüsselübergabe an den Mitmieter
2. Zustelladresse für Klagen an juristische Personen
3. ALUR-Gesetz: Anwendung der dem Mieter gewährten neuen Zahlungsfrist
4. Genehmigung zum Abschneiden von überhängenden Ästen auf einem Nachbargrundstück
5. Verfahren zur Gründung einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG)
6. Folgen der Aufhebung eines Zahlungsbefehls, der einer Zwangsvollstreckung in eine Immobilie gleichkommt
7. Mehrheitsentscheidung bei der Auflösung einer Wohnanlage
8. Kein subsidiäres Vorkaufsrecht für den Mieter beim Verkauf eines Gebäudes
9. Anwendung von Artikel L.290-1 des französischen Bau- und Wohnungsgesetzes (CCH) auf Kaufzusagen für Gebäude
10. Voraussetzungen für den Anspruch von Nachbarn auf Entschädigung bei Verkehrsänderungen
1. Wirkung der Schlüsselübergabe an den Mitmieter (
3. Zivilkammer , 18. Februar 2015, Az. 14-10.510) FS-PB:
Der Liquidator eines Unternehmens, das Mitmieter eines Mietvertrags war, teilte dem Vermieter die Beendigung des Mietvertrags mit. Der Vermieter verklagte daraufhin die Bürgen, darunter einen Mitmieter, auf Zahlung der Miete, gerichtliche Beendigung des Mietvertrags und Räumung der Mieter.
Das Berufungsgericht entschied, dass der Mietvertrag hinsichtlich des Mitmieters beendet sei, da der vom Liquidator beauftragte Auktionator mit Schreiben vom 26. März 2009 die Schlüssel zum Mietobjekt an den Vermieter übergeben habe, der diese vorbehaltlos angenommen habe, und dass die Rückgabe der Schlüssel den Mietvertrag hinsichtlich aller Mieter beendet habe.
Der Kassationsgerichtshof hob das Urteil auf. Laut Gericht reicht die Übergabe der Schlüssel an den Vermieter durch den vom Insolvenzverwalter beauftragten Auktionator, sofern nichts anderes vereinbart ist, nicht aus, um den Mietvertrag gegenüber den übrigen Mitmietern zu beenden. Dies belegt lediglich die Absicht des Insolvenzverwalters, den Mietvertrag zu kündigen.
2. Zustellungsanschrift an eine juristische Person,
2. 19. 2015 (Nr. 13-28.140) F-PB:
In diesem Fall forderte ein Vermieterunternehmen den Mieter förmlich zur Zahlung auf und berief sich dabei auf die Kündigungsklausel. Der Mieter klagte daraufhin gegen den Vermieter vor dem zuständigen Richter im summarischen Verfahren, der die Aussetzung der Kündigungsklausel anordnete. Der Vermieter legte Berufung ein und argumentierte, das Klageschreiben sei ungültig.
Um eine Klage, alle nachfolgenden Klagen und eine einstweilige Verfügung für nichtig zu erklären, entschied das Berufungsgericht, dass der Gerichtsvollzieher die Klage, da sie nicht an der eingetragenen Geschäftsadresse des Unternehmens zugestellt werden konnte, an der Wohnadresse des Unternehmensvertreters hätte zustellen müssen. Der
Kassationsgerichtshof entschied jedoch, dass die Zustellung an die eingetragene Geschäftsadresse des Unternehmens erfolgte. Folglich hob der Gerichtshof das Urteil auf, da das Berufungsgericht gegen Artikel 690 der Zivilprozessordnung verstoßen hatte.
3. Alur-Gesetz: Anwendung der neuen Zahlungsfrist für den Mieter.
Gutachten des Kassationsgerichtshofs vom 16. Februar 2015 (Nr. 15.002):
Artikel 24 des Gesetzes vom 6. Juli 1989, geändert durch das Alur-Gesetz, setzt die maximale Zahlungsfrist, die einem zahlungsfähigen Mieter gewährt werden kann und während derer die Kündigungswirkungen ausgesetzt sind, auf drei Jahre fest.
Dem Kassationsgericht wurde die Frage vorgelegt, ob dieser Text auf Mietverträge anwendbar sei, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des ALUR-Gesetzes bestanden, da dieses Gesetz Artikel 14 enthalte, der eine Liste unmittelbar anwendbarer Texte enthalte, unter der Artikel 24 nicht aufgeführt sei.
Laut der Begründung zum Urteil vertrat das Kassationsgericht die Auffassung, dass die Befugnis des Richters zur Gewährung einer Zahlungsfristverlängerung eine Rechtswirkung des Mietvertrags und kein Mechanismus sei, der der Vertragsfreiheit der Parteien unterliege, sondern eine dem Richter gesetzlich eingeräumte Befugnis. Das Kassationsgericht entschied daher, dass der geänderte Artikel 24 des Gesetzes vom 6. Juli 1989 auf Mietverträge anwendbar sei, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des ALUR-Gesetzes bestanden.
4. Genehmigung zum Beschneiden von überhängenden Ästen auf einem Nachbargrundstück.
3. Zivilkammer . 3. März 2015 (Nr. 14-40.051) FS-PB:
Dem Kassationsgericht wurde die Frage vorgelegt, ob Artikel 673 des Bürgerlichen Gesetzbuches, soweit er einem Nachbarn das Recht einräumt, den Eigentümer zum Abschneiden der über das Nachbargrundstück ragenden Äste von Bäumen zu zwingen, ohne dass dem Baumbesitzer die Möglichkeit zur Einrede gegeben ist, die Rechte und Freiheiten verletzt, die einerseits durch die Präambel, die Artikel 1 bis 4 und 6 der Umweltcharta und andererseits durch die Artikel 2 und 17 der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 garantiert werden. Da
die Frage als nicht schwerwiegend eingestuft wurde, lehnte das Kassationsgericht die Vorlage an den Verfassungsrat ab.
5. Verfahren zur Gründung einer Wohnungseigentümergemeinschaft (ASL),
3. Zivilkammer . 18. Februar 2015 (Nr. 13-25.122) FS-PB:
In diesem Fall klagte ein Miteigentümer auf Zahlung ausstehender Gebühren und rügte die Ungültigkeit der Gründungsversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) sowie des Nachtrags zu den Bauvorschriften bezüglich der Erweiterung der Wohnanlage. Er begründete dies damit, dass bei der Gründungsversammlung keine einstimmige Zustimmung der Eigentümer erzielt worden sei.
Das Berufungsgericht und der Kassationsgerichtshof wiesen die Argumente des Miteigentümers zurück. Zur Begründung seiner Entscheidung führte der Kassationsgerichtshof aus, dass die Zustimmung aller Miteigentümer auf deren Verpflichtung im Kaufvertrag beruhe, die Bestimmungen der Bauvorschriften zur Gründung einer WEG zu beachten. Demnach sei für den Erlass einer späteren Satzung keine einstimmige Zustimmung der Miteigentümer erforderlich.
6. Folgen der Aufhebung eines Zahlungsbefehls, der einer Pfändung von Immobilien gleichkam
2. 19. 2015, Nr. 14-10.622) FS-PB):
Eine Bank erließ am 14. April 2008 einen Zahlungsbefehl, der einer Pfändung von Immobilien gleichkam, und stellte anschließend eine Klage zu. Während die Versteigerung der gepfändeten Immobilie bereits stattgefunden hatte, erklärte ein Vollstreckungsrichter den Zahlungsbefehl und alle nachfolgenden Verfahrenshandlungen für nichtig.
Die Bank erließ am 26. April 2012 einen neuen Zahlungsbefehl, der einer Pfändung von Immobilien gleichkam. Die Schuldner fochten diesen vor einem Vollstreckungsrichter mit der Begründung an, die Klage der Bank sei verjährt.
Das Berufungsgericht wies die Einrede der Unzulässigkeit der Klage der Bank gegen die Schuldner wegen Verjährung zurück. Die Bank hatte die öffentliche Versteigerung ihrer Immobilien und Rechte beantragt. Das Berufungsgericht urteilte, die Verjährungsfrist sei durch die Anerkennung des Rechts der Bank durch die Schuldner in ihren Schreiben vom 3. November 2009 und 6. April 2011 sowie erneut in ihren Schreiben vom 10. September 2012 unterbrochen worden.
Der Kassationsgerichtshof hob dieses Urteil auf. Da die Schreiben vom 3. November 2009 und 6. April 2011 nichtig geworden waren, konnte die darin enthaltene Anerkennung die zweijährige Verjährungsfrist gemäß Artikel L. 137-2 des französischen Verbraucherschutzgesetzes nicht unterbrechen. Da die Schlussfolgerungen vom 10. September 2012 nach Ablauf dieser Frist ergangen sind, hat das Berufungsgericht gegen die Artikel 2240 und 2241 des Bürgerlichen Gesetzbuches und Artikel L. 137-2 des Verbraucherschutzgesetzbuches verstoßen.
7. Mehrheitsprinzip bei Entscheidungen über die Schließung der Wohnanlage
3. Zivilkammer , 18. Februar 2015 (Nr. 13-25.974) FS-PBI:
Ein Miteigentümer, ein praktizierender Arzt, klagte gegen die Eigentümergemeinschaft auf Aufhebung des Beschlusses der Eigentümerversammlung über die Schließung der Wohnanlage durch eine automatische Schranke und die dauerhafte Öffnung des Fußgängerzugangs.
Die Frage vor dem Kassationsgerichtshof war, welches Mehrheitsprinzip auf einen solchen Beschluss Anwendung findet.
Der Kassationsgerichtshof stellt zunächst fest, dass gemäß Artikel 26(e) des Gesetzes vom 10. Juli 1965, nunmehr Artikel 26(c), Entscheidungen über die Öffnungs- und Schließverfahren von Gebäuden mit der Mehrheit der Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft, die mindestens zwei Drittel der Stimmen vertreten, gefasst werden.
Der Gerichtshof stellt weiter fest, dass die Miteigentümer beschlossen hatten, die Wohnanlage mit einer automatischen Schranke zu sichern, die von den Bewohnern per Fernbedienung und von Besuchern per Tastatur gesteuert wird. Laut Tagesordnung der Eigentümerversammlung hatten die Miteigentümer die Betriebsabläufe der Schranke, insbesondere die Schließzeiten, erörtert und beschlossen, dass sie dauerhaft geschlossen bleiben soll. Folglich musste dieser Beschluss mit der in Artikel 26 des Gesetzes vom 10. Juli 1965 vorgeschriebenen qualifizierten Mehrheit gefasst werden.
8. Kein subsidiäres Vorkaufsrecht für den Mieter beim Verkauf eines Gebäudes als Ganzes
( 3. Zivilkammer). 11. März 2015 (Nr. 14-10.447) FS-PB:
In diesem Fall beantragte der Mieter einer Wohnung, der der vom Vermieter ausgesprochenen Räumungsaufforderung zum Verkauf nicht nachgekommen war, die Aufhebung des anschließenden Verkaufs des gesamten Gebäudes. Zur Begründung seines Antrags berief sich der Mieter auf die Verletzung seines subsidiären Vorkaufsrechts.
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung vom Kassationsgericht bestätigt wurde, wies den Antrag mit der Begründung zurück, dass der Verkauf des gesamten Gebäudes dem Mieter kein Vorkaufsrecht einräume.
9. Anwendung von Artikel L.290-1 des französischen Bau- und Wohnungsgesetzbuchs (CCH) auf jegliche Verkaufszusage für ein Gebäude
3. 18. 2015 (Nr. 14-14.416) FS-PBR:
Durch private Vereinbarung wurde eine Verkaufszusage mit einer Laufzeit von mehr als 18 Monaten geschlossen. Nach einer Meinungsverschiedenheit zwischen den Parteien klagte der Begünstigte des Kaufversprechens gegen den Verkäufer auf Feststellung der Gültigkeit des Verkaufs.
Nachdem das Berufungsgericht das Kaufversprechen für nichtig erklärt hatte, legte der Begünstigte Revision beim Kassationsgericht ein.
Das Kassationsgericht wies die Revision zurück und bekräftigte, dass Artikel L. 290-1 des französischen Bau- und Wohnungsgesetzbuchs (CCH) für jedes Kaufversprechen über die Übertragung eines Gebäudes oder eines dinglichen Rechts durch eine natürliche Person gilt. Im vorliegenden Fall unterlag das Kaufversprechen mit einer Gültigkeitsdauer von mehr als 18 Monaten daher automatisch dieser Bestimmung und musste folglich notariell beurkundet werden.
10. Voraussetzungen für den Anspruch von Anwohnern auf Entschädigung bei Verkehrsänderungen (
Französischer Staatsrat, 11. Februar 2015, Nr. 367342):
In diesem Fall klagte der Eigentümer eines Gewerbeobjekts, das er an eine Autowerkstatt vermietet hatte, gegen die Gemeinde wegen Schäden, die durch Straßenbauarbeiten entstanden waren. Diese hatten die Zufahrt zu seinem Betriebsgelände für Fahrzeuge über einer bestimmten Größe erschwert.
Das Berufungsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, die betreffenden Änderungen hätten den Kläger nicht daran gehindert, die öffentliche Straße zu nutzen.
Der Staatsrat stellt zunächst klar, dass Änderungen des allgemeinen Verkehrs, die entweder auf Änderungen des Verlaufs, der Richtung oder der Gestaltung öffentlicher Straßen oder auf den Bau neuer Straßen zurückzuführen sind, grundsätzlich keinen Anspruch auf Entschädigung begründen. Führen diese Änderungen jedoch dazu, dass Anwohnern die öffentliche Straße nicht oder nur unzureichend zugänglich gemacht wird, besteht ein Anspruch auf Entschädigung. Folglich hat das Gericht einen Rechtsfehler begangen, indem es die Klage abwies, ohne zu prüfen, ob die Änderungen den Zugang tatsächlich übermäßig erschwert hatten und ob dies unter den gegebenen Umständen zu einem ernsthaften und besonderen Schaden für die betroffene Person geführt hat.