Newsletter Nr. 16 – Sozialrecht
Zusammenfassung
Verordnung
Sonntagsarbeit
– Maillé-Gesetz – Macron-Gesetz
–
Berücksichtigung von Praktikumszeiten in der Altersvorsorge –
Dekret vom 11. März 2015
Rechtsprechung
… vom 11. Februar 2015
Gültigkeit der Benennung eines Anbieters obligatorischer Zusatzversicherungen
… vom 11. Februar 2015
Erinnerung an die Ausübung des Streikrechts
… vom 11. Februar 2015
Unwirksamkeit einer Änderung der Betriebsordnung
… vom 3. März 2015
Anspruch des Ausschusses für Gesundheit, Sicherheit und Arbeitsbedingungen (CHSCT) auf Entschädigung für Schäden, die durch die Verletzung seiner Befugnisse entstehen
… vom 12. Februar 2015
Sozialversicherungsbeiträge: Einbeziehung der Entschädigung bei Verletzung des geschützten Status eines Arbeitnehmers
… vom 3. März 2015
Verzicht auf die Wettbewerbsverbotsklausel
… vom 11. März 2015
Ergebnisverpflichtung des Arbeitgebers hinsichtlich des Schutzes der Gesundheit und Sicherheit des Arbeitnehmers
… vom 10. Februar 2015
Berufliche Natur von Textnachrichten, die über ein vom Unternehmen bereitgestelltes Mobiltelefon gesendet oder empfangen werden
Verordnung
Sonntagsarbeit
Das Prinzip
Die Bestimmungen zu den Ruhezeiten von Arbeitnehmern legen fest, dass Arbeitgeber von ihren Angestellten nicht mehr als sechs Arbeitstage pro Woche verlangen dürfen (Art. L. 3132-1 des französischen Arbeitsgesetzbuchs). Diese wöchentliche Ruhezeit von mindestens 24 Stunden muss, zusätzlich zu den täglichen Ruhezeiten, grundsätzlich am Sonntag gewährt werden (Art. L. 3132-3 des französischen Arbeitsgesetzbuchs). Da
bestimmte Tätigkeiten die gesamte Woche über notwendig sind, wurden mehrere Ausnahmen für die Sonntagsarbeit geschaffen, die relativ strengen gesetzlichen Regelungen unterliegen. Diese Ausnahmen sind primär im Gesetz Nr. 2009-974 vom 10. August 2009, dem sogenannten Mallié-Gesetz, geregelt (I). Da der Gesetzentwurf für Wachstum, Beschäftigung und Chancengleichheit eine Überarbeitung dieses Systems vorsieht, sollten dessen Bestimmungen hier erörtert werden (II).
I. Ausnahmen vom Grundsatz der Sonntagsruhe
Das französische Arbeitsgesetzbuch sieht mehrere Ausnahmen vom Sonntagsruherecht vor. Diese Ausnahmen lassen sich in vier Kategorien einteilen.
Erstens hat der Gesetzgeber eine Reihe von Ausnahmen von der wöchentlichen Ruhezeit festgelegt, die das Sonntagsruherecht in der Praxis außer Kraft setzen können. Diese Ausnahmen gelten für Sonderfälle wie dringende Arbeiten oder saisonale Tätigkeiten. Aufgrund der sehr spezifischen Natur dieser Bestimmungen wird ihr Inhalt hier nicht weiter erläutert. Stattdessen müssen die drei anderen Arten von Ausnahmen untersucht werden, die sich durch ihre jeweiligen Voraussetzungen unterscheiden.
Der Gesetzgeber hat daher dauerhafte gesetzliche Ausnahmen (Artikel L.3132-12 und -13 des Arbeitsgesetzbuchs) (A), vertragliche Ausnahmen (B) und schließlich administrative Ausnahmen (C) geschaffen.
A. Dauerhafte Ausnahmen vom Gesetz
Dauerhafte Ausnahmeregelungen erlauben bestimmten Betrieben, deren Betrieb oder Öffnung durch Produktionsengpässe, Geschäftstätigkeit oder öffentliche Bedürfnisse bedingt ist, von der Sonntagsruheregelung abzuweichen, indem sie die wöchentliche Ruhezeit im Wechsel gewähren (Artikel L.3132-12 des französischen Arbeitsgesetzbuchs). Die von diesen dauerhaften Ausnahmeregelungen erfassten Tätigkeiten sind in einer Verordnung definiert (Artikel R. 3132-5 des französischen Arbeitsgesetzbuchs).
Auch Lebensmitteleinzelhändler profitieren von einer dauerhaften Ausnahmeregelung, nach der die wöchentliche Ruhezeit sonntags ab 13:00 Uhr gewährt werden kann.
B. Konventionelle Ausnahmen
In Industrieunternehmen kann der Grundsatz der Sonntagsruhe durch einen Tarifvertrag abgeändert werden. Ein solcher Vertrag oder, falls dies nicht möglich ist, eine Genehmigung der Arbeitsaufsichtsbehörde können durchgehende Arbeitszeiten oder den Einsatz eines Ablösungsteams ermöglichen.
In beiden Fällen erlaubt der Vertrag den Beschäftigten, ihren wöchentlichen Ruhetag an einem anderen Tag als Sonntag zu nehmen. Es ist zu beachten, dass bei Einsatz eines Ablösungsteams die Vergütung für die am Sonntag geleistete Arbeit um mindestens 50 % gegenüber der Vergütung für eine gleichwertige Arbeitszeit nach dem regulären Betriebsplan erhöht werden muss.
C. Vorübergehende Ausnahmen
Vorübergehende Ausnahmen werden vom Präfekten oder vom Bürgermeister dauerhaft oder vorübergehend erteilt.
1. Vom Präfekten gewährte Befreiungen
Nach Artikel L. 3132-20 des französischen Arbeitsgesetzbuchs kann die Ruhezeit, wenn nachgewiesen wird, dass die gleichzeitige Sonntagsruhe aller Beschäftigten eines Betriebs der Öffentlichkeit schaden oder den normalen Betriebsablauf beeinträchtigen würde, auf verschiedene Weise geregelt werden, beispielsweise von Sonntagmittag bis Montagmittag oder im Wechsel. Die einem Betrieb erteilte Genehmigung kann auf mehrere oder alle Betriebe am selben Ort, die dieselbe Tätigkeit ausüben und dieselbe Kundschaft bedienen, ausgedehnt werden (Artikel L. 3132-23 des französischen Arbeitsgesetzbuchs).
Einzelhandelsbetriebe in touristisch oder kurdisch geprägten Gemeinden sowie in besonders beliebten oder dauerhaft kulturellen Gebieten profitieren von einer gesonderten Regelung und können ihren Beschäftigten ganz oder teilweise wöchentliche Ruhezeit im Wechsel gewähren (Artikel L. 3132-25 des französischen Arbeitsgesetzbuchs).
Der Präfekt kann Einzelhandelsbetrieben, die Waren und Dienstleistungen in einer Sonderverbraucherzone (PUCE) anbieten – die sich durch Sonntags-Einkaufsgewohnheiten, die Größe des Kundenstamms und dessen Entfernung zur Zone auszeichnet –, in städtischen Gebieten mit mehr als 1.000.000 Einwohnern die Gewährung eines wöchentlichen Ruhetags im Wechsel gestatten (Art. L.3132-25-1 des französischen Arbeitsgesetzbuchs). Diese Genehmigungen sind auf fünf Jahre befristet (Art. L.3132-25-6 des französischen Arbeitsgesetzbuchs). Die PUCE wird
vom Präfekten auf Grundlage eines Tarifvertrags oder, falls kein solcher Vertrag vorliegt, durch einen einseitigen, per Volksentscheid beschlossenen Beschluss des Arbeitgebers eingerichtet. Der Tarifvertrag regelt insbesondere die Entschädigung für Arbeitnehmer, denen der Sonntagsruhetag entzogen wird, sowie die arbeitsrechtlichen Verpflichtungen.
Nur Arbeitnehmer, die ihre Zustimmung erteilt haben, dürfen unter einer solchen Genehmigung arbeiten.
2. Vom Bürgermeister gewährte Ausnahmen
Im Einzelhandel, wo der wöchentliche Ruhetag üblicherweise auf einen Sonntag fällt, kann der Bürgermeister oder der Präfekt von Paris diesen Ruhetag bis zu fünfmal im Jahr aussetzen.
In diesen Fällen erhält der Arbeitnehmer eine Entschädigung in Höhe des mindestens doppelten normalen Gehalts für einen entsprechenden Zeitraum sowie einen entsprechenden Freizeitausgleich.
D. Sanktion
Werden diese Bestimmungen nicht eingehalten, kann der Arbeitsinspektor beim Gericht einen Antrag auf einstweilige Verfügung zur Beendigung der illegalen Beschäftigung von Arbeitnehmern im Einzelhandel und in Dienstleistungsbetrieben stellen. Der Richter kann die Schließung des Betriebs an Sonntagen anordnen und eine Geldbuße wegen Nichteinhaltung verhängen (Artikel L.3132-31 des französischen Arbeitsgesetzbuches).
Schließlich kann dieses Vergehen mit der für Vergehen der fünften Klasse vorgesehenen Geldbuße geahndet werden (Art. R.3135-2 des Arbeitsgesetzbuches).
II. Die vorgeschlagenen Änderungen im Gesetzentwurf für Wachstum, Beschäftigung und Chancengleichheit – Macron-Gesetzentwurf
Die Regelung der Sonntagsarbeit ist Gegenstand intensiver Debatten. Obwohl der Gesetzentwurf für Wachstum, Beschäftigung und Chancengleichheit, der auf den von Jean Paul Bailly der Regierung vorgelegten Schlussfolgerungen basiert, noch nicht endgültig verabschiedet wurde, sollen die Änderungen hinsichtlich der Sonntagsarbeit, die sich aus dem von der Nationalversammlung verabschiedeten Text ergeben, kurz erwähnt werden.
A. Neue Kriterien zur Abgrenzung spezifischer Zonen
1. Internationale Touristengebiete
Der Gesetzentwurf ändert die durch das Mallié-Gesetz festgelegte Zoneneinteilung. Er schafft „internationale Touristenzonen“ (ZTI), deren Grenzen von den für Arbeit, Tourismus und Handel zuständigen Ministern festgelegt werden und die sich durch Folgendes auszeichnen:
- ihren internationalen Einfluss
- der Zustrom von Touristen
- die Bedeutung der Einkäufe dieser Touristen.
Diese Kriterien sollen per Dekret festgelegt werden.
2. Touristengebiete
Der Gesetzentwurf sieht eine gemeinsame Bezeichnung für Gemeinden mit touristischer, Kur- oder dauerhafter kultureller Aktivität vor, die unter dem einheitlichen Begriff „Touristenzone“ (ZT) zusammengefasst werden sollen.
3. Vom Chip zur kommerziellen Zone
Die durch das Mallié-Gesetz eingerichteten Sondernutzungs- und Verbrauchszonen (PUCE) sollten in „Gewerbezonen“ (ZC) umbenannt werden, sobald kein Nachweis der vorherigen gewerblichen Nutzung mehr erforderlich ist.
Diese Zonen zeichnen sich durch ein besonders hohes Angebot und eine hohe potenzielle Nachfrage sowie ihre unmittelbare Nähe zu einem Grenzgebiet aus (Art. L.3132-25-1 des französischen Arbeitsgesetzbuchs).
B. Verfahren zur Ladenöffnung
Dem Gesetzentwurf zufolge fällt die Abgrenzung der Internationalen Touristenzonen (ZTI) nach Rücksprache mit dem Bürgermeister in die Zuständigkeit der Regierung. Die Abgrenzung der Touristenzonen (ZT) und Gewerbezonen (ZC) hingegen wird vom jeweiligen Regionalpräfekten festgelegt.
In allen drei Zonen ist die Sonntagsöffnung an eine Tarifvereinbarung zur Regelung der Vergütung gebunden.
Der Gesetzentwurf sieht eine Erhöhung der Sonntagsöffnungszeiten von 5 auf maximal 12 vor, wobei die Öffnung der letzten 7 Sonntage der Genehmigung durch die interkommunale Behörde für öffentliche Zusammenarbeit bedarf.
Der Bericht des Senatsausschusses wurde am 27. März 2015 vorgelegt, die Plenardebatte begann am 7. April. Die Abstimmung im Senat über den Gesetzentwurf ist für den 6. Mai 2015 angesetzt.
Anerkennung von Praktika durch die Altersversicherung
Gemäß Artikel L. 351-17 des französischen Sozialversicherungsgesetzes, der durch Artikel 28 des Gesetzes Nr. 2014-40 vom 20. Januar 2014 eingeführt wurde, können Studierende die Anrechnung von Praktikumszeiten auf das allgemeine Sozialversicherungssystem beantragen, sofern die Beiträge entrichtet werden und die Anrechnung auf maximal zwei Quartale begrenzt ist.
Das Dekret vom 11. März 2015, das für Praktika gilt, die nach seiner Veröffentlichung beginnen, legt die Verfahren und Bedingungen für die Beantragung der Anrechnung von Praktikumszeiten fest. Diese Bedingungen betreffen insbesondere die Dauer des Praktikums und die Frist für die Einreichung des Antrags.
1 Dekret Nr. 2015-284 vom 11. März 2015 zur Festlegung der Verfahren und Bedingungen für die Anerkennung von Arbeitsverhältnissen durch die allgemeine Altersversicherung
Rechtsprechung
Benennung eines obligatorischen Zusatzversicherers
Eine per Dekret erlassene Änderung des nationalen Tarifvertrags für Handwerksbetriebe im Bäckerei- und Konditoreigewerbe sah die Einführung einer obligatorischen Zusatzkrankenversicherung für die unter diesen Vertrag fallenden Arbeitnehmer vor. Gemäß Artikel 13 dieser Änderung wurde Ag2r Prévoyance mit der Verwaltung dieses Versicherungsschutzes beauftragt. Artikel 14 verpflichtete alle unter die Änderung fallenden Betriebe, den darin festgelegten Versicherungsschutz ab dem 1. Januar 2007 zu abonnieren. Die folgenden zwei Gerichtsurteile betreffen die Situation von Handwerkern, die sich weigerten, dem im Tarifvertrag vorgesehenen Versicherungsschutz beizutreten. Die beauftragte Organisation klagte daraufhin gegen sie mit der Begründung, die Mitgliedschaft in diesem Versicherungsschutz sei obligatorisch, um ausstehende Beiträge einzutreiben.
Gesellschaft vom 11. Februar 2015 (Nr. 14-13.538) FS-PB:
Zur Zurückweisung der Klage der Versicherung stützte sich das Berufungsgericht erstens auf den Beschluss des Verfassungsrats vom 13. Juni 2013, mit dem Artikel L. 912-1 des Sozialversicherungsgesetzbuchs für verfassungswidrig erklärt und die angefochtene Änderung somit für ungültig erklärt worden war, und zweitens auf das Fehlen eines zum damaligen Zeitpunkt gültigen Vertrags zwischen der Versicherung und dem Unternehmen.
Der Kassationsgerichtshof hob dieses Urteil auf. Er stellte fest, dass der Verfassungsrat in seinem Beschluss vom 13. Juni 2013 erklärt hatte, die Verfassungswidrigkeitserklärung von Artikel L. 912-1 des Sozialversicherungsgesetzbuchs gelte nicht für Verträge, die auf dieser Grundlage geschlossen wurden, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Beschlusses in Kraft waren und Unternehmen an die dem Versicherungsgesetzbuch unterliegenden Einrichtungen, an Einrichtungen gemäß Titel III des Sozialversicherungsgesetzbuchs sowie an Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit gemäß dem Versicherungsgesetzbuch banden. Nach Ansicht des Kassationsgerichtshofs handelt es sich bei den laufenden Verträgen um Rechtsakte, die den Charakter von Kollektivverträgen oder Übereinkommen haben und in denen Versicherungsträger für die Durchführung der von den Sozialpartnern beabsichtigten Pooling-Mechanismen benannt wurden, oder auch um vertragliche Akte, die von ihnen mit den Versicherungsträgern geschlossen wurden, um diese zu binden und die Bestimmungen des Kollektivvertrags des Sektors sowie die Modalitäten seiner effektiven Umsetzung festzulegen.
Gesellschaft 11. Februar 2015 (Nr. 14-11.409) FS-PB:
In diesem Fall beantragte der Bäcker die Nichtigerklärung der Klausel im Tarifvertrag zur Bestimmung des Versicherers wegen fehlender vorheriger Ausschreibung.
Der Kassationsgerichtshof hob die Entscheidung des Berufungsgerichts auf, welches die Gültigkeit der Bestimmungsklausel von einer vorherigen Ausschreibung durch die Sozialpartner unter Beteiligung mehrerer Wirtschaftsteilnehmer abhängig gemacht hatte. Zur Begründung seiner Entscheidung verwies der Kassationsgerichtshof auf ein Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 3. März 2011 (Ag2r prévoyance gegen Beaudout, C-437/09), wonach die obligatorische Mitgliedschaft aller Unternehmen des betreffenden Sektors in einer ergänzenden Krankenversicherung bei einem einzigen Anbieter ohne Ausnahmemöglichkeit mit Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vereinbar ist. Im selben Urteil entschied der Gerichtshof, dass, sofern die Verwaltung eines ergänzenden Erstattungssystems für Gesundheitskosten wie des vorliegenden als wirtschaftliche Tätigkeit einzustufen ist, die Artikel 102 und 106 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) unter Umständen wie den vorliegenden nicht ausschließen, dass die öffentlichen Behörden einem Pensionsfonds das ausschließliche Recht zur Verwaltung dieses Systems einräumen, ohne dass Unternehmen des betroffenen Sektors von der Teilnahme befreit werden können. Schließlich ergibt sich laut Kassationsgerichtshof aus den Bestimmungen der Artikel 102 und 106 des Vertrags, dass diese den Sozialpartnern keine spezifischen Verfahren für die Bestellung des Verwalters eines obligatorischen Pensionssystems vorschreiben.
Verletzung des Streikrechts
Soc. 11. Februar 2015 (Nr. 13-14.607) FS-PB:
Drei Tage nach dem im Streikaufruf angekündigten Termin veröffentlichte der Arbeitgeber, da der Streik noch nicht begonnen hatte, eine Mitteilung, in der er erklärte, der Streikaufruf sei nicht mehr gültig und während der Ankündigungsfrist dürfe es zu keiner Arbeitsniederlegung kommen. Die Gewerkschaft, die den Streikaufruf veröffentlicht hatte, reichte daraufhin beim Obersten Gerichtshof Klage ein und beantragte, den Arbeitgeber zur Entfernung des Aufrufs und zur Zahlung von Schadensersatz zu verpflichten. Das Berufungsgericht entschied, der Streikaufruf verletze das Streikrecht und ordnete dessen Entfernung unter Androhung einer Geldstrafe an.
Der Kassationsgerichtshof bestätigte das Urteil des Berufungsgerichts und bekräftigte, dass zwar im öffentlichen Dienst einem Streik eine Ankündigung einer repräsentativen Gewerkschaft vorausgehen müsse und diese Ankündigung, um gültig zu sein, Beginn und Ende der Arbeitsniederlegung festlegen müsse, die Arbeitnehmer, die allein das Streikrecht besitzen, jedoch nicht verpflichtet seien, die Arbeit für die gesamte im Aufruf angegebene Dauer niederzulegen.
Änderung der internen Geschäftsordnung
Gesellschaft 11. Februar 2015 (Nr. 13-16.457) FS-PB:
Die Betriebsordnung eines Unternehmens sah vor, dass Arbeitskleidung nicht außerhalb des Arbeitsplatzes und der Arbeitszeit getragen werden darf. Der Arbeitgeber führte daraufhin eine Ausnahme ein, die es den Mitarbeitern erlaubte, in Arbeitskleidung zur und von der Arbeit zu fahren, ohne diese Änderung dem Ausschuss für Gesundheit, Sicherheit und Arbeitsbedingungen (CHSCT) vorzulegen. Das Berufungsgericht entschied, dass diese Änderung gegenüber dem Arbeitnehmer nicht durchsetzbar sei.
Der Kassationsgerichtshof bestätigte das Urteil des Berufungsgerichts und stellte klar, dass Betriebsordnungen gemäß Artikel L. 1321-4 des französischen Arbeitsgesetzbuches nur geändert werden können, nachdem der Änderungsvorschlag dem CHSCT zur Stellungnahme vorgelegt wurde.
Das Recht des CHSCT auf Schadensersatz
Soc. 3. März 2015 (Nr. 13-26.258) FS-PB:
Der Kassationsgerichtshof stellt hier klar, dass der Ausschuss für Gesundheit, Sicherheit und Arbeitsbedingungen (CHSCT), „dessen Aufgabe es ist, zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten des Unternehmens sowie zur Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen beizutragen und der zu diesem Zweck über Rechtspersönlichkeit verfügt, berechtigt ist, den Arbeitgeber auf Schadensersatz für Schäden zu verklagen, die durch die Verletzung seiner Befugnisse entstanden sind.“ Die Frage, ob dem CHSCT Schadensersatz zugesprochen werden kann, entstand, da ihm ein eigenes Budget fehlt.
Entschädigung bei Verletzung des geschützten Status eines Arbeitnehmers: unterliegt den Sozialversicherungsbeiträgen
2. Zivilkammer, 12. Februar 2015 (Nr. 14-10.886) F-PB:
Die Entschädigung für die Verletzung eines geschützten Status, die nicht zu den Entschädigungen gehört, die für natürliche Personen nicht der Einkommensteuer unterliegen und in Artikel 80 Duodecien des allgemeinen Steuergesetzbuches in seiner jeweils geltenden Fassung abschließend aufgeführt sind, unterliegt den Beiträgen zur Sozialversicherung und zur Arbeitslosenversicherung.
Verzicht auf die Wettbewerbsverbotsklausel
Soc. 3. März 2015 (Nr. 13-20.549) FP-PB:
Der Kassationsgerichtshof stellt in diesem Urteil zwei Punkte klar. Erstens: „Wurde ein Arbeitsvertrag durch einseitige Kündigung einer Partei beendet, so stellt die anschließende Unterzeichnung einer einvernehmlichen Aufhebungsvereinbarung einen gemeinsamen Verzicht auf die zuvor beendete Vereinbarung dar.“
Weiterhin führt der Gerichtshof aus: „Wenn der Arbeitsvertrag vorsieht, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer von der Wettbewerbsklausel jederzeit während der Vertragslaufzeit oder bei Vertragsende, spätestens jedoch mit dem Kündigungsschreiben oder am Tag des Eingangs der Kündigung, befreien kann, so ist im Falle einer einvernehmlichen Aufhebungsvereinbarung der in der Vereinbarung festgelegte Beendigungstermin maßgeblich dafür, ob der Arbeitgeber die vertragliche Kündigungsfrist eingehalten hat.“
Der Gerichtshof ist daher der Ansicht, dass die Parteien im vorliegenden Fall durch die Unterzeichnung der einvernehmlichen Aufhebungsvereinbarung gegenseitig auf die zuvor vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung verzichtet haben. Folglich war der Arbeitgeber zwei Tage vor dem geplanten Beendigungstermin des Arbeitsverhältnisses rechtmäßig befugt, auf die Wettbewerbsklausel zu verzichten.
Verpflichtung des Arbeitgebers zur Erreichung eines bestimmten Ergebnisses hinsichtlich des Schutzes der Gesundheit und Sicherheit des Arbeitgebers
Soc. 11. März 2015 (Nr. 13-18.603) FS-PB:
In diesem Fall bestätigte eine Arbeitnehmerin, die Opfer psychischer und sexueller Belästigung geworden war, die Beendigung ihres Arbeitsvertrags und erhob Klage vor dem Arbeitsgericht.
Das Berufungsgericht bestätigte den Sachverhalt der Belästigung, wies die Klage der Arbeitnehmerin jedoch mit der Begründung ab, der Arbeitgeber habe, nachdem er den Täter entlassen hatte, die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmerin ergriffen und somit seine Fürsorgepflicht nicht verletzt.
Der Kassationsgerichtshof hob das Urteil auf und urteilte, dass „ein Arbeitgeber, der einer verschuldensunabhängigen Haftung für die Gesundheit und Sicherheit seiner Arbeitnehmer unterliegt, dieser Pflicht nicht nachkommt, wenn ein Arbeitnehmer am Arbeitsplatz Opfer psychischer oder sexueller Belästigung durch einen anderen Arbeitnehmer wird, selbst wenn der Arbeitgeber Maßnahmen zur Beendigung dieser Belästigung ergriffen hat.“ Es oblag daher dem Gericht, nachdem es festgestellt hatte, dass die Arbeitnehmerin Opfer von Belästigung geworden war, zu prüfen, ob diese Pflichtverletzung die Fortsetzung des Arbeitsvertrags verhindert hatte.
Professioneller Charakter der SMS-Nachrichten, die über das vom Arbeitgeber bereitgestellte Telefon gesendet oder empfangen werden
Mitteilung vom 10. Februar 2015 (Nr. 13-14.779) FS-PB:
Ein Unternehmen warf einem Konkurrenten vor, seine Geschäftstätigkeit durch das Abwerben zahlreicher Mitarbeiter zu stören. Daraufhin erwirkte es eine gerichtliche Anordnung zur Untersuchung der Firmenzentrale des Konkurrenten sowie der Kommunikationsmittel, die dessen ehemaligen Mitarbeitern zur Verfügung gestellt wurden. Das Berufungsgericht wies den Antrag des Konkurrenten auf Aufhebung dieser Anordnung zurück. Der Konkurrent legte daraufhin Revision beim Kassationsgericht ein und argumentierte, die Vorlage von Textnachrichten, die Mitarbeiter über ein dienstlich bereitgestelltes Mobiltelefon gesendet oder empfangen hatten, sei unzulässig.
Das Kassationsgericht wies die Revision zurück und stellte klar, dass Textnachrichten, die ein Mitarbeiter über ein vom Arbeitgeber dienstlich bereitgestelltes Telefon sendet oder empfängt, grundsätzlich als beruflich gelten. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber das Recht hat, ohne Anwesenheit des Mitarbeiters darauf zuzugreifen, sofern die Nachrichten nicht als privat gekennzeichnet sind.